Die Ausgegrenzten - Eine Bestandsaufnahme
„Das Leben auf der Straße macht die Menschen kaputt. Man trinkt, um zu vergessen und dann verliert man jede Hoffnung“.
Wie sieht es mit der „Solidarität“ mit den Ärmsten der Armen, den obdachlosen Menschen in unserer Gesellschaft aus? Gibt es für Sie „Solidarität“, „Fürsorge“, „Menschenwürde“ und „Soziale Gerechtigkeit“?
Schauen wir genauer hin, wie dort der Slogan „Soziale Gerechtigkeit“ bei den Schwächsten der Gesellschaft ankommt. Wie sieht die Wirklichkeit aus?
Der Alltag eines jeden obdachlosen Menschen ist geprägt von zahlreichen Anfeindungen, bitterer Armut und dem täglichen Kampf ums Überleben. In diesen Tagen sind diese Menschen zudem von der eisigen Kälte bedroht.
Gerade im Winter stellt sich für sie nicht selten die Frage, ob man den nächsten Morgen noch erlebt. Man kann sich vorstellen, dass es nicht gerade angenehm ist, bei solch eisigen Temperaturen über Nacht draußen bleiben zu müssen.
Viele der obdachlosen Menschen gehen nur sehr ungern in die vorhandenen Notunterkünfte. Wer betrunken ist erhält ebenso wenig Zutritt wie derjenige, der einen Hund hat oder auf der dortigen Hausverbotsliste steht.
Wer sich dorthin begibt, findet sich auf engstem Raum mit 8 fremden Menschen wieder, die dort in einem Zimmer schlafen müssen. Es drohen ihnen nicht selten Krankheiten, Diebstahl und Gewalt, weshalb es viele, vor allem junge Obdachlose vorziehen, lieber auf der Straße zu schlafen.
Hier ist der Zusammenhalt unter ihresgleichen größer. Dies liegt vor allem daran, dass sie dort mehr aufeinander angewiesen sind. Sie richten sich ihr Leben auf der Straße ein und arrangieren sich mit ihrer Situation. Man sieht sie umherziehen mit ihrem gesamten Hab und Gut in einer Plastiktüte oder einem Rucksack. Sie schlafen auf Parkbänken oder in Hauseingängen und Tiefgaragen.
Die Persönlichkeit der Betroffenen nimmt durch dieses Leben auf der Straße erheblichen Schaden. Dies liegt u.a. an der fehlenden Privatsphäre, welche sich bei der Nahrungsaufnahme und bei der Hygiene zeigt. Auch der fehlende Raum für Sexualität sowie der fehlende oder unzureichende Raum zum Schlafen tragen dazu bei.
Die Lebenserwartung auf der Straße ist geringer als üblich. Es zeigt sich, dass Wohnen hierfür ein entscheidendes Kriterium ist. Wohnen zu können ist eine Grundkategorie menschlicher Existenz. Sie bestimmt ganz entscheidend die Lebensqualität eines Menschen.
Jegliche Formen von Erniedrigung, denen die Obdachlosen ausgesetzt sind, sowie die ständige Ungewissheit tragen zu einer starken psychischen Belastung bei. Die obdachlosen Menschen haben keinerlei Absicherungen und Schutz. Teilweise sind sie durch mehr oder weniger „harmlose“ Drogen so weit heruntergekommen, dass sie es alleine nicht mehr in die Gesellschaft zurück schaffen. Die immer wieder vergeblichen Bemühungen führen nicht selten zur Resignation der Betroffenen. Es werden noch mehr Drogen und Alkohol konsumiert. So sinken sie immer tiefer. Sie müssen ein von Perspektivlosigkeit gekennzeichnetes Leben führen.
Zu erwähnen ist noch die Gruppe der sogenannten Aussteiger. Sie haben das freie Leben auf der Straße gewählt und sich einmal bewusst für diesen Schritt entschieden. Sie grenzen sich ab vom Staat, wollen nicht für ihn arbeiten, geschweige denn Steuern zahlen. Innerhalb dieser Gruppe von Obdachlosen müssen Drogen nicht unbedingt eine Rolle spielen, viele lehnen sie gänzlich ab. Jedoch machen diese Menschen mit ca. 10 Prozent den geringsten Anteil der Obdachlosen aus.
Die geringen staatlichen Unterstützungsgelder und die niedrigen Tagessätze reichen nicht aus für den täglichen Bedarf an lebensnotwendigen Dingen. Und auch die Sucht muss ja irgendwie finanziert werden. Besonders schwierig ist es, wenn noch ein Hund mitzuversorgen ist. Die Hunde sind aber wichtige und treue Begleiter der obdachlosen Menschen. Sie bewachen ihren „Herrn“ und passen auch mal auf den Rucksack auf.
Die Obdachlosen haben meist ihre festen Treffplätze in der Stadt, jeder kennt sie und hat ein Bild vor Augen. Da gibt es die Gruppe von überwiegend jungen Leuten, die sich in Gruppen mit ihren Hunden in der Innenstadt aufhalten. Oder man sieht einzelne ältere Männer oder Frauen am Straßenrand sitzen und betteln. Man trifft auf Obdachlose, die still mit offener Hand oder einem Hut und einem Schild irgendwo sitzen. Dann gibt es noch das „aggressivere“ Betteln, bei dem die Obdachlosen auf Passanten zugehen und diese direkt ansprechen und fragen, ob sie etwas Kleingeld für sie haben.
Nur relativ wenige Obdachlose gehen betteln. Sie selbst sagen, dass viel Mut dazu gehört. Es ist für die Obdachlosen erniedrigend und geht einher mit Demütigungen durch die Blicke von Passanten und Vertreibungen von Ladenbesitzern.
Viele ergreifen deshalb lieber Gelegenheitsjobs oder lassen sich in Geschäften oder auf den Markt eine Kleinigkeit geben. Auch die Erstellung und der Verkauf von Straßenzeitungen ist eine Möglichkeit für die Obdachlosen, sich selbst zu helfen und etwas dazu zu verdienen.
Die staatliche Zuständigkeit für Obdachlosigkeit fällt in zwei behördliche Bereiche, das Ordnungsamt und das Sozialamt.
Das kommunale Ordnungsamt ist zuständig für die Beseitigung der Obdachlosigkeit. Im Sinne des Polizeigesetzes stellt diese einen ordnungswidrigen Zustand dar, welcher öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Mit Beseitigung ist gemeint die Unterbringung des nach Zwangsräumung obdachlos Gewordenen in einer Notunterkunft und teilweise, aber nur äußerst selten, die Wiedereinweisung in die alte Wohnung.
Das Sozialamt ist durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) dazu verpflichtet, „Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Hilfe zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu gewähren. Die Hilfe umfasst alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.“
Mittellose, wohnungslose Menschen erhalten bei der jeweils zuständigen Leistungsstelle (z.B. Sozialamt, Optionskommune, Jobcenter) einen so genannten Tagessatz. Dabei handelt es sich um einen Geldbetrag, der sich an den Regelleistungen des Arbeitslosengeldes II bzw. der Hilfe zum Lebensunterhalt orientiert und für einen Tag oder für mehrere Tage bemessen ist. Die Geldleistung zum Lebensunterhalt wird jeweils nur für kurze Zeiträume gezahlt, da im Regelfalle davon auszugehen ist, dass die Antragsteller weiter wandern und zeitnah bei anderen Leistungsträgern Tagessätze erhalten können, so die offizielle Begründung dafür.
Und wie ergeht es den Obdachlosen auf den Behörden? Der obligatorische Gang zum Arbeitsamt lohnt sich für viele Obdachlose fast nicht mehr. Trotzdem verlangt man von ihnen zu kommen, ansonsten wird ihnen die Sozialhilfe gestrichen. Die Beamten erwarten dabei von den Obdachlosen ein Erscheinungsbild, welches schlicht und einfach nicht der Realität entspricht. Sie wollen die Obdachlosen am liebsten frisch rasiert und im Anzug sehen, sind sie nicht nüchtern, werden sie sofort wieder weggeschickt. Die Obdachlosen, die wissen, dass sie ohnehin als unvermittelbar gelten, gehen deshalb teilweise gar nicht erst mehr hin. Sie wollen sich diese Erniedrigung ersparen. Selbst mit Unterstützung finden manche Obdachlose keine Arbeit und keine Wohnung mehr. Auch wenn sie noch so unzufrieden und unglücklich sind mit ihrem Leben und dazu bereit sind etwas zu ändern, die Chancen hierfür fallen sehr gering aus und schwinden zunehmend, je nach Alter und körperlicher Konstitution.
Viele Obdachlose nehmen deshalb die Hilfe, die ihnen vom Sozialamt angeboten wird, nicht an - sei es aus Stolz, Scham oder weil sie nicht bevormundet werden und ihre Unabhängigkeit bewahren wollen. Die Reintegration von Obdachlosen in die Gesellschaft sowie der Abbau der Obdachlosenzahlen gestalten sich aufgrund zahlreicher Faktoren als äußerst schwierig. Letztlich trägt die Gesellschaft und Politik selbst zum großen Teil die Mitschuld daran.
Lösungen sind noch lange keine in Sicht. Angesichts der Ungewissheit über Lösungen zur Bekämpfung des Problems wird dringend Hilfe benötigt - vor allem aber aufgrund der Unerträglichkeit der Situation der Betroffenen. Obdachlose Menschen sind in ihren Lebensbedingungen anderen gegenüber stark benachteiligt sind und in ihrer Existenz gefährdet. Es kann unserer Meinung nach in keiner Weise angehen, dass in der heutigen Zeit, im 21. Jahrhundert, noch Menschen auf der Straße erfrieren müssen, und dass in einem der reichsten Länder der Welt. Es besteht ohne Zweifel akuter Handlungsbedarf.
Nachdem wir den Alltag der Betroffenen, sowie Entstehung und Probleme bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit beschrieben haben, wenden wir uns nun der Frage zu, wie es den Obdachlosen in unserer Gesellschaft ergeht. Einige Schwierigkeiten, die auf eine Ausgrenzung hinweisen, sind bereits deutlich geworden. Hier wollen wir weiter darauf eingehen, in welchen Bereichen die Obdachlosen ausgegrenzt werden und die Ursachen dafür untersuchen.
Es ist eine Tatsache, dass viele Passanten einen Bogen um Obdachlose machen. Man ist irritiert, wenn man einen Obdachlosen auf der Straße sitzen sieht. Auch wenn dies ja nun gerade in Großstädten kein seltener Anblick ist, entspricht er nicht unseren Sehgewohnheiten. In Folge dessen bleibt der Blick kurz hängen, dann schaut man meist wieder weg. Nur wenige machen sich darüber Gedanken, wie sich die Obdachlosen dabei fühlen, wenn man achtlos an ihnen vorüber läuft und sie von oben herab anschaut.
Viele wissen nicht, ob man ihnen Geld geben soll, und wenn ja wem? Man kann schließlich nicht jedem etwas geben. Viele glauben außerdem einem Obdachlosen mit Geld keinen Gefallen zu tun, da er es vielleicht für Alkohol ausgibt und geben ihm folglich stattdessen lieber etwas zu essen. Geht man dann nicht davon aus, dass der Bettelnde nicht selbst entscheiden kann, was gut für ihn ist?
Wir vermuten, dass ein Grund, warum Obdachlose nicht ernst genommen werden in der Unsicherheit im Umgang mit ihnen liegt. Obdachlose sind uns fremd. Nur die Wenigsten denken überhaupt nur daran, offen auf einen Obdachlosen zuzugehen und mit ihm in Kontakt zu treten. Man weiß nicht, wie man sich ihnen gegenüber verhalten soll und verhält sich deshalb am besten gar nicht dazu.
Spricht ein Bettler einen auch noch direkt an, ist es umso peinlicher. Man blockt ab. Man weiß nicht, was man von seinem Gegenüber zu erwarten hat und wie man mit der ungewohnten Situation umgehen soll. Angesichts des Bildes von Armut wird man sich seines eigenen Überflusses wieder bewusst und bekommt gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil man irgendwie doch zu geizig ist, etwas zu geben. Man läuft vorbei. Im nächsten Moment hat man es wieder verdrängt.
Aus Erfahrung wissen wir, dass den Obdachlosen mit gemischten Gefühlen begegnet wird. Einerseits empfindet man Mitleid für sie, andererseits ist es nicht zu leugnen, dass auch Berührungsängste und teilweise sogar Ekel eine Rolle spielen.
Plätze, an denen sie sich aufhalten, werden allgemein gemieden. Ein Grund hierfür ist sicherlich der Alkoholkonsum. Viele haben beim Gedanken an Obdachlose das klischeehafte Bild von herumlungernden Schnorrern vor Augen, die es sich auf Kosten des Staates gut gehen lassen.
Zu einem falschen Bild tragen ein Stück weit auch die aggressiven Bettler meist aus Rumänien und Bulgarien stammend bei. Durch sie werden viele Bürger, die noch sozial veranlagt sind, abgeschreckt. Dabei darf man die Obdachlosen wirklich nicht alle über einen Kamm scheren. Auch muss man differenzieren zwischen den alt eingesottenen „Berbern“ und so genannten Trittbrettfahrern, welche organisiert in Banden betteln. Durch sie werden Leute irritiert. Bettelnde werden unglaubwürdig.
Die Einstellung vieler Menschen ist geprägt von Vorurteilen und einem falschen Bild von Obdachlosen. Durch die Vorurteile, die Ignoranz und den Ekel, den viele Obdachlosen gegenüber empfinden, ist eine soziale Kälte in der Gesellschaft spürbar. Gesellschaftliche Solidarität scheint immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Man fragt sich wo Akzeptanz und Toleranz geblieben sind. Wie steht es mit der Menschlichkeit?
In unseren Gesprächen mit ihnen wurde uns mitgeteilt, dass Obdachlose im Alltag in vielerlei Hinsicht benachteiligt und ungerecht behandelt werden. Dies macht sich an zahlreichen Beispielen bemerkbar. So erhalten Obdachlose keinen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen.
In vielen Restaurants werden sie gar nicht erst bedient und durchaus sogar „gebeten“ es umgehend wieder zu verlassen. Betritt ein Obdachloser das Wartezimmer einer Arztpraxis, kommt es tatsächlich vor, dass andere Patienten kurzerhand aufstehen und gehen. Sie wollen nicht neben ihm sitzen. Unvorstellbar, aber wahr. Im Supermarkt oder in Bekleidungsgeschäften haben sie sofort den Kaufhausdetektiv hinter sich her. Obdachlose werden prinzipiell verdächtigt zu klauen.
Leider alles keine Einzelfälle. Ausgrenzung nimmt zu, Vorurteile gegenüber Obdachlosen breiten sich über ganze Gesellschaftsschichten und Generationen hinweg aus.
Häufig sind es Familien, die sich abgrenzen. Die Eltern prägen die Angst ihrer Kinder vor Obdachlosen, diese Form der pädagogischen Ausgrenzung fängt schon im Kindergarten an. Den Kindern wird verboten zu dem fremden Mann am Straßenrand hinzugehen oder gar mit ihm zu sprechen. Eine Angst mag darin liegen, dass sie sich Krankheiten einfangen könnten. Was auch immer die Gründe sind, die Ängste der Eltern sind teilweise sicher nachvollziehbar und berechtigt. Es ist nicht zu leugnen, dass es unter den Obdachlosen auch dubiose Gestalten gibt oder Menschen, die gegen Gesetze verstoßen. Das wollen wir nicht verharmlosen, aber wenigstens darauf hinweisen, dass es die in jeder Gesellschaftsschicht gibt.
Das Leben wird den Obdachlosen in allen nur erdenklichen Bereichen unnötig schwer gemacht.
Bahnhöfe die früher als Anlaufpunkte für die Obdachlosen galten, haben mittlerweile diese Funktion verloren. Sie sind heute nur noch Durchlaufstationen, welche möglichst sauber, überschaubar und „obdachlosenfrei“ gehalten werden sollen. Mittlerweile findet man selbst in U-Bahnstationen nur noch möglichst unbequeme Wartesitze. Dadurch wird verhindert, dass diese von Obdachlosen als Schlafplätze „missbraucht“ werden könnten.
Weitere politische Maßnahmen sind Aufenthaltsverbote für Obdachlose in Innenstädten oder an öffentlichen Plätzen. Obdachlose werden durch „Ordnungshüter“. von diesen Plätzen vertrieben. Sie schaden dem Bild einer Stadt. Sie werden als Störung der öffentlichen Ordnung empfunden. Die Menschen sind zwanghaft fixiert auf ein bestimmtes Bild welches so in der Realität einfach nicht existiert. Obdachlose, Arme und andere Randgruppen haben in unserer konsumorientierten Wohlstandgesellschaft nichts verloren, sie passen nicht hinein.
Läuft nicht etwas falsch, wenn Ladenbesitzer wegen eines vor ihrem Schaufenster bettelnden Obdachlosen um ihr Geschäft fürchten müssen? Anstatt sich damit auseinander zu setzen und zu helfen, vertreibt man die Obdachlosen lieber und löst das Problem auf diese Weise. Man muss sich fragen, was das für eine Gesellschaft ist, in der mit Menschen auf diese Weise umgegangen wird?
Die soziale Schere öffnet sich immer weiter und die Obdachlosen stehen in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten. Festmachen kann man dies daran, dass sie kaum politischen Einfluss, keine Arbeit, kein Geld, und kein Ansehen haben. Wer einmal durch das soziale Netz gefallen ist, hat so gut wie keine Chance mehr. Es ist schwer für die Obdachlosen wieder Fuß zu fassen in der Gesellschaft. Sie finden keine Arbeit und keine Wohnung. Es wird ihnen nicht abgenommen, dass sie wirklich arbeiten wollen. Das Stigma von „arbeitsscheuen Nichtsesshaften“ hält sich hartnäckig, angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen verstärkt es sich sogar noch. Die Obdachlosen werden von der Gesellschaft abgeschrieben und abgestempelt. Die Gründe hierfür sind Gedankenlosigkeit und Unwissenheit. Es fehlt den meisten einfach der Bezug, sie haben keine Ahnung und wollen auch gar nicht mit dem Thema in Berührung kommen. Die Reichen und jene, welchen es gut geht, interessiert es recht wenig, was mit den Armen geschieht. Die Verhältnisse werden durch ein Rastersystem bestimmt, welches alles in Gut und Schlecht einteilt. Man geht herablassend und abwertend mit Armen um und gibt ihnen für alles selbst die Schuld. Doch daran, dass vor allem die Gesellschaft den Hauptteil dazu beiträgt, wird kein Gedanke verschwendet.
Sollte sich nicht eigentlich die deutsche Gesellschaft und Politik nach dem Grundgesetz richten? Dieses sieht Gleichheit und Menschenwürde als oberste Grundprinzipien vor. Die Lebensverhältnisse der Obdachlosen stehen dazu im offensichtlichen Widerspruch. Sie sind alles andere als menschenwürdig.
Hilfe kann fast jeder leisten. Es muss nicht viel sein. Jeder sollte das tun, was im Rahmen seines Möglichen liegt und einem selbst nicht schadet und sich nicht damit rechtfertigen, dass man ohnehin nichts bewirken und nicht jedem helfen kann.
Jeder kann den Obdachlosen zumindest mit Respekt und Akzeptanz gegenübertreten!
Die Obdachlosen, mit denen wir sprechen, sind in keiner Weise überwiegend hoffnungslos oder deprimiert, so wie man es vielleicht erwarten mag. In ihnen steckt das volle Leben. Wir haben die Obdachlosen als sehr aufgeschlossene Menschen kennen gelernt und sind positiv überrascht, wie gerne und bereitwillig sie offen von sich erzählen und sich helfen lassen.
Wir sind überzeugt, dass, wenn sich die Menschen mehr mit dem Thema Obdachlosigkeit befassen und auseinandersetzen würden, ein anderes, aufgeklärteres Bild von den Obdachlosen entstehen würde.
Gerade auch die Schulen wären dafür ein geeigneter Ort. Das Thema Armut als Folge der Globalisierung kam bei den Schülern im Gemeinschaftskundeunterricht zur Sprache kommen.
Wir halten es jedoch für wichtig, dass sich die Gesellschaft mit der aktuellen Problematik in Bezug auf die Obdachlosigkeit mehr beschäftigt. Jeder sollte sich von Zeit zu Zeit einen Spiegel vorhalten.
Aber nicht nur die Gesellschaft sondern auch die dazu gehörige Politik muss endlich eine adäquate Antwort für das Problem finden.
„Es kann nicht sein, dass die Politik ständig nur über diese Menschen redet und nicht mit ihnen“, brachte es unlängst der Jungpolitiker Salih Tahusoglu, Bundesvorstandsmitglied der CDA auf den Punkt, nachdem er unseren Einsatz mit dem „Krefelder Kältebus“ begleitet hatte. Er zeigte sich sehr betroffen über die Eindrücke, die er mit seinen Kollegen dabei gesammelt hatte.
Die gesamte Aktion mit den uns begleitenden Jungpolitikern können Sie hier in diesen kleinen Mitschnitt einsehen, nehmen Sie sich bitte die Zeit: